Raumzeit

et Philolog

Archive for the ‘DDR’ Category

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Das Sommerloch 2009 ist endgültig überwunden,jetzt ist dissidenter Wahlkampf.
Hoffentlich fällt Angie etwas passendes dazu ein:

CDU:  Wir haben mehr zu bieten …lengsfeld
UPDATE: Kiezkonkurrenten Ströbele und Lengsfeld treffen sich im TV.

DIE  PARTEI hatte weniger Glück, sie wollte UN-Blauhelme und bekommt die noch lahmarschigere Truppe von der OSZE zur Unterstützung aufgebrummt. Live is hard.

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August 11, 2009 at 9:31 pm

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Der Juni

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Der Mai verabschiedet sich mit Gewitter und Regen,die Frontstadt wirkt abgedunkelt,so stelle ich mir den Sommer in Finnland oder Island vor. Der Mai war aber auch angefüllt mit metaphysischen Themen: Ich habe mir angeschaut,wie christliche und säkulare Erinnerungsarbeit nach 60 Jahren Grundgesetz funktionieren,die 68er-Komponente habe ich durch den Schriftsteller Uwe Thimm auch noch mitbekommen.

Die Causa Kurras wird mich wohl noch eine Weile beschäftigen,genauso der Tod von Benno Ohnesorg. An Mythen in Tüten habe ich sowieso noch nie geglaubt, aber die Dekonstruktion der linksradikalen Märtyrergeschichte um Benno Ohnesorg erscheint mir interessant. Obwohl ich mir auch etwas unsicher über die  aktuelle Wikungsmächtigkeit von Benno bin,Che scheint immer noch  mehr für DIE LINKE zu rocken. Benno ist doch  eher was  für die Greise.

Die linke Libertinage in den 60er und 70er Jahren mit linksradikalen Grüppchen wie dem “2. Juni” (Benno Ohnesorgs Tod als aktive Verzweckung missbraucht) oder RAF scheint mir schon damals porös und wenig in der Bewegung verankert gewesen zu sein. Die Erfolgsgeschichte der GRÜNEN in der alten BRD  scheint mir der parlamentarische Beleg dafür zu sein – sie haben aber den pazifistischen Antiimperialismus in die postnazistischen Spiesserwohnzimmer gebracht. Die Spartakisten haben sich trotz grosszügiger Unterstützung aus dem Politbüro  nicht als Partei in Bund oder Ländern etablieren können. Im vereinigten Deutschland sieht das natürlich anders aus,die SED hat sich im Osten als dritte oder zweite Kraft eingerichtet, die SPD hat im Westen ihren linken Mitgliederflügel weitestgehend an die SED verloren. Daran ändern auch Müntes Heuschreckenkampa oder der aktuelle sozialdemokratische Verstaatlichungswahn wenig.

Zur EU-Parlamentswahl bin ich immer noch ein unentschlossener Geist, Frau “peinlich-“Koch-Mehrin zieht mich nicht gerade an die Wahlurne und die Berliner Kandidatin – eine Anwältin – ist ein völlig unbeschriebenes Blatt. Die CDU fährt meinen ehemaligen Bezirksbürgermeister Zeller an die EU-Wahlfront, der auch als CDU-Vorsitzender in Berlin keine schlechte Figur gemacht hat. Leider wurde er von seinen Berliner Kameraden abgewählt, als Bezirkstadtrat hat er aber einge sichtbare Bauprojekte auch für die Jugend mit voran gebracht. Ich mach einmal hier einen break.

ET

Wem die christliche Pfingstbotschaft zum glücklich sein nicht ausreicht,für den habe ich noch einen Tipp. Vor etwa 5 Jahren,ich sass mit Schrippe mal wieder im OBEROI zum jour-fixe. Dort hatte ich Kontakt mit einer Gruppe Astrophysiker,die im angemieteten Saal ihre Tagung ausklingen liessen. Sehr kauzige Leute. Einer berichtete mir von der wisenschaftlichen Suche nach extraterrestrischer Intelligenz,denn WIR SIND NICHT ALLEINE. Die Suche nach der Weltformel war mir bekannt,aber diese Astronomen konnten mich als Sci-Fi-Fan mit ihrer Idee ein wenig  anstecken.Ich wurde mit einem Projekt der SETIS-Liga bekannt gemacht und stellte Rechnerkapazität aus meinem Servernetz  zur Auswertung der Informationsflut aus dem Weltall  über Tage zur Verfügung. Es wurden zwar bis heute keine Ausserirdischen gesichtet,aber wie mit der Abwarterei auf eine liberale säkulare Gesellschaft ist das auch mit E.T.,die Hoffnung stirbt zuletzt.

Möge die Macht mit Euch sein 😉

PS: Zum Karneval der Kulturen gibt es noch eine Aktualisierung. Ich habe letztens von der postmodernen Variante der Völkerschauen berichtet. Aktuell scheint der Unterschied zur ethnologischen Gatterbegaffung aus dem letzten Jahrhundert darin zu bestehen,dass die Deutschen sich mit ins Gatter setzen,resp. mit den diversen Völkerrepräsentanten durch Berlin marschieren.Innen ist Aussen und Aussen ist Innen. Ganz toll.

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May 31, 2009 at 10:03 pm

Der Heilige Geist greift an

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Der Mai meint es 2009 gut mit der arbeitenden Bevölkerung und einige freie Tage werden durch das Christentum erst möglich. An Pfingsten wird ja bekanntlich der Aussendung des Heiligen Geistes auf das Erdenrund durch Jesus und seinen Vater – gemeinhin Gott benannt –  gedacht. Die Trinität (Gott, Jesus, Heiliger Geist) ist integraler Bestandteil des christlichen Glaubensbekenntnis und wer das nicht anerkennt, gilt gemeinhin als Ketzer, Atheist oder Heide. Da die Beiden nach der Himmelfahrt des Sohnes für die Menschen nicht mehr direkt erreichbar sind,stellt der Heilige Geist eine Art Mediationsinstanz dar. Leider kann man heute nicht mehr ohne weiteres erkennen,wer nun gerade im Besitz dieser Instanz ist- in der Urkirche waren das die Apostel. Aber in Glaubensfragen geht es nicht immer rational oder empirisch zu, wichtig scheint das Vetrauen der Gläubigen in die Fähigkeiten ihrer Vordenker und -sprecher. Religionsfreiheit eben.

… Linksradikale treffen sich an Pfingsten seit Jahrzehnten gerne in Camps und planen die Weltrevolution – meist am Arsch der Welt,damit die einmal zur Agitation gewonnenen Frischlinge nicht in die Vergnügungen irgendeiner Metropole abwandern und dem Verein XY unwiderbringlich verloren gehen; die alten Hasen sind ohnehin meist hedonismusfreie Subjekte. Vergessen sollte man auch nicht die diversen Musikfestivals um Pfingsten herum.  Elektronik-, Metal-, Rock-, Gothic-,Punk- und Hardcorefans können ihre Lieblingsmusikgruppen meist im freien open-air abfeiern, auch hier steht der Wandervogel oft Pate: Es wird auf Kuhweiden gezeltet, ein zeitweiser, minimalistischer Lebensstil lässt zivilisierte Menschen die Segungen der Postmoderne wieder schätzen lernen – zum Glück sind die Insekten in unseren Breiten um diese Zeit noch nicht so angriffslustig. Regnet es länger,wird das Festival zum Matschevent,bei unter 20°C werden die Krankenkassen erheblich in Anspruch genommen – ein Stossgebet an Petrus möge die Musikbessenen dieses Jahr davor bewahren. Alkohol, Drogen und ein Sammelsurium an Erwartungen halten so manche Überraschung bereit,von denen man noch seinen Enkelkindern berichten kann – wenn die nicht sowieso schon mit dabei sind.

… In Berlin ist an diesem Wochenende viel los, im Bundeskanzleramt wird auf höchster Ebene über die Verscherbelung von OPEL an die Russen verhandelt – FIAT und der chinesische Interessent sind ja bereits ausgestiegen, MAGNA ist noch übrig. Ob der sich den Autobauer vor oder nach der Inso unter den Nagel reissen wird, ist nur noch eine astrologische Frage. Dass die amerikanischen Unterhändler nicht vor Begeisterung jeden Unsinn mit abnicken, sollte da nur verständlich sein. Die Autokäufer in Russland können sich schon freuen, denn nach Jahrzehnten LADA gibt es demnächst  mehr moderne Autos aus dem Kartoffelnasenland auf russischen Pisten.

… Die Kunde von 20 Jahren Mauerfall wird auf die idiotischste aller denkbaren Möglichkeiten von der darstellenden Kunst unter die Berliner gebracht. Auf S-Bahnhöfen, in Parkanlagen, auf Strassen und Plätzen werden über 20 Tausend Buchtitel, die unter das Wendethema subsummierbar sind, in die Ohren von in der Regel völlig unschuldiger Passanten gebrüllt, gesungen, gespielt und sogar getanzt. Den ganzen Unsinn kann man dann im Garten der StaSi-Humboldt-Uni auf Grossleinwand begaffen. Ich glaube langsam doch: Ich will die Mauer wieder haben, bitte 10 Meter hoch.

… Die Völkerschauen in der Zeitenwende von 19.  zum 20. Jahrhundert erleben in der Hauptstadt seit einigen Jahren ihr postmodernes Comeback. In unserer Zeit werden Neger, Latinos und Asiaten aber nicht in zooartigen Gattern ausgestellt, wie ehedem. Hier in der Frontstadt heisst die ganze Veranstaltung, “Karneval der Kulturen”, sie dauert vier Tage und es wird von Veranstalterseite eher über das schleppende Fundraising lamentiert – Staatsknete gibt es nämlich keine. Ab heute geht dieser ganze Zirkus am Kreuzberger Blücherplatz mit einem Fest los, am Sonntag zieht dann eine kostümierte Multikulti-Karawane vom Hermannplatz zur Yorckstrasse. Die Besucherzahlen der über den Mülldiskurs weg-gemobbten LOVEPARADE werden wohl nicht erreicht. Ich bin jedenfalls vor massenhaft praktiziertem Kulturrelativismus hier in Mitte noch in Sicherheit.

… Mein HERTIE macht demnächst dicht. Der letzte übrig gebliebene Konsumtempel auf der Turmstrasse wird mit der Insolvenz der Kaufhauskette verchwinden – es sollen ja böse Heuschrecken verantwortlich sein, denen man die Immobilien vor einiger Zeit zur Bilanzaufbesserung für gutes Geld verkauft hatte, deren Renditeerwartung war den verantwortlichen Warenhausmanagern also bekannt. Ob die Misere nun die sehr späte Rache für die Arisierung des Hertie-Kaufhauses in der Nazizeit gewesen ist? Angie, Steinmeier,Steinbrück und Guttemnberg müssen jedenfalls für Hertie nicht auch noch  ihre Spendierhosen in Wahlkampfzeiten herausholen. Naja,Karstadt wird wohl folgen, Kaufhof und Woolworth sind schon weg und HORTEN (ebenfalls ein arisierter Betrieb) war ja schon vor Jahrzehnten auf er Abschussliste ganz oben. Die Ära der Shopping-Malls ist nun endgültig angebrochen. Ob ich dort auch wieder meine Falk-Strümpfe aus dem Sauerland bekomme?

… Heute folgte ich einem komplizierten Gespräch. Ein 68er-Typ gebärdet sich gegenüber seiner erheblich jüngeren Sozialpartnerin als Chauvi. Man könnte fast meinen, der Fehlgeleitete gehe davon aus, die emanzipatorischen Segnungen der 68er seien nur für das männliche Geschlecht erkämpft worden. Nach einigem Hin und Her der drei K’s (Küche,Kinder,Kirche) lachen wir den weisshaarigen Zausel alle nur noch kräftig aus – der Titel “Nix-Checker” geht heute verdient an ihn. Nein, nicht nur die Gesellschaft ist daran Schuld, denn Doofheit will auch langjährig bewusst erworben und gepflegt worden sein.

Frohe Pfingsten 😉

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May 29, 2009 at 8:47 pm

23. Mai in Berlin

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60 Jahre Grundgesetz – die Berliner Strasse

Das Bürgerfest der Bundesregierung erreiche ich vom Hauptbahnhof , früher der Lehrter Stadtbahnhof. Babylonisches Sprach- und Dialektgewirr, die Menge schiebt sich über den Steg in Richtung Tiergarten. Vorbei an der Schweizer Botschaft, der Reichstag ist etwas entfernt.  Angies Arbeitsstelle, hier auch als Waschmaschine bezeichnet, an der sich übrig gebliebene Horden des Herrentags in uniformen T-Shirts unter kritischen Augen der Wachleute  eigentümlichen Vergnügungen hingeben.

Das Bürgerfest

An einer Armee blauer DIXI-Klos entlang erreiche ich über eine Seitenstrasse  den 17. Juni, empfangen vom Programm der lokalen Rundfunkanstalt RBB tauche ich in den Besucherstrom ein. Die “Fanmeile” ist gut besucht aber nicht überfüllt und ich komme gut voran. Die Stimmung wirkt interessiert schauend, nur die Jugend scheint teilweise  etwas verloren betrogen – unter Feiern versteht sie wohl etwas anderes und “Boss Hoss” locken erst in ein paar Sttunden. Vorbei an Infozelten einiger Bundesministerien, des Bundesrates, ich nehme etwas Infomaterial zur Bildungspoitk mit – hinter mir läuft ein Fachgespräch über studentische Auslandsaufenthalte.

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz hat eine Fussballbroschüre “11 Fragen nach 90 Minuten – Was tun gegen Rassismus und Diskreminierung im Fussball?” herausgebracht, ich nehme ein paar Exemplare für meine an Fussball interessierten Bekannten mit.

Die Amadeu Antonio Stiftung gibt Broschüren ab: “Living Equality – Interventionen gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit” und “Lokale Geschichte sichtbar machen – Einblicke in ein Projekt zu Antisemitismus, Antiziganismus und Erinnerungskulturen in Niedersachsen und Sachsen Anhalt”, in diesem Rahmen sind auch Filme für Bildungseinrichtungen produziert worden.

An einem Kulturbus werden Postkarten von “Unser Aufbruch 1989-2009” abgegeben, die Wendezeit aus der Sicht der Bürgerbewegten in Fotografien aus dem Bundesarchiv gebannt. Ich packe einige Karten in meine Tasche.

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Musik

Am Russenzelt mit spärlich besuchtem folkloristischen Biergarten vorbei geht es zur Nordbühne am Brandenburger Tor, ich bin gerade noch Thomas Gottschalk und seinen Fans in Rollstühlen und mit Spazierstöcken entkommen. Andre Hermelins 20 minütige Swingdarbietung habe ich leider verpasst. Das Publikum tauscht sich langsam aus, gleich dirigiert Daniel Barenboim die Staatskapelle Berlin mit Chor. Es wird Beethovens Neunte gegeben – letztmalig von mir unter Herbert von Karajan genossen und es war furchtbar. Die Nordbühne ist mit einer digitalen, wehenden Deutschlandfahne als Hintergrund oder Prospekt ausgestattet, aber man muss nicht dauernd auf die Bühne schauen, denn nahe der Südbühne werden die Kamerabilder vom Orchester auf eine Grossleinwand projeziert, man erkennt so auch die Solisten und den Dirigenten viel besser. Der Sound des Orchesters verliert sich etwas an diesem weitläufigen Spielort, Musikbanausen tun ihr übriges, um den Klassikfan in tiefe Verzweifelung zu stürzen. Ich wechsle öfters den Standort und ab der zweiten Hälfte befinde ich mich unter Gleichgesinnten, die dem Ereignis ernsthaft lauschen möchten, immerhin wird hier und heute die Europahymne hochkarätig, draussen und kostenlos dargeboten – auch die Künstler verlangen für ihre Arbeit heute keine Gage.

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Der Vorleser

Noch vom Konzert-Finale beseelt werde ich von Udo Jürgens schnell verscheucht, ich entfliehe in die Akademie der Künste, mir kommt eine Besuchergruppe der Lesung von Thomas Brussig entgegen, ich bin auf dem Gegenweg zu dem 68er Autor Uwe Timm unterwegs. Uwe Timm ist heute am Pariser Platz der einzige Autor aus dem Westen, er liest aus seinem Buch Der “Freund und der Fremde” (2005) und berichtet von Benno Ohnesorg, den er Anfang der 60er Jahre im „Braunschweig Kollleg“ kennen lernte. Beide hatten nach ihren abgeschlossenen Lehrausbildungen das Ziel, ihr Abitur in zwei Jahren an dieser Einrichtung für Hochbegabte nachzuholen. Ich befinde mich überwiegend unter weiss- und grauhaarigem Publikum. Uwe Timm überlegt, seinem Benno Ohnesorg Buch “Freund und der Fremde” einen aktuellen Text beizufügen – auch ihn bewegt die MfS-Neuigkeit über den Todesschützen Karl-Heinz Kurras. An eine grundlegende Wendung der 68er-Bewegung bei schon damaliger Bekanntheit dieser Charade hält er für unwahrscheinlich, die 68er waren weit vielfältiger ausgerichtet als die DKP/SEW oder die anderen linksautoritären Politgruppen. Vielen ging es um ein anderes und besseres Leben als das ihrer Eltern. UPDATE: Eine rege Diskussion über liberales Gedenken zum 42. Todestag Benno Ohnesorgs läuft gerade beim A-Team , Verzweckung eines Toten versus Dekonstruktion einer linksradikalen Geschichtslüge und des Gründungsmythos des deutschen Linksterrorismus. Ich tendiere moralisch eher zur Position von Califax. Dirk Niebel von der FDP fordert von der Bundesregierung endlich ernsthafte Aufklärungsbemühungen der unterwanderten Republik:  FDP fordert Aufklärung von Stasi-Verstrickungen.

Ausklang

Ich ziehe dann nach Friedrichshain weiter, am Ostkreuz wird ein Abendessen mit netter aber ostalgischer Plauderei absolviert, danach wird zum Ausklang in Kreuzberg noch bei Bier und Musik über Alfred Döblins „Reise in Polen“ nachgedacht – das Buch sollte den Europäern  besser bekannt sein,seine Beschreibungen polnisch-jüdischen Lebens Anno 1924 lassen ermessen,was Wehrmacht und SS unwiederbringlich auslöschten. Helga aus’m Tellstübchen hat auch eine hübsche Buchausgabe des Döblinwerkes  zur Verfügung gestellt. Wir lauschen den neuesten Musikerzeugnissen des Tresenmannes von CD. Eine globalisierte Gesprächsrunde aus Schwaben, Rheinland, Bayern und Brasilien bewegt Neuigkeiten des Alltags, tauscht humoresque und kurzweilige Anekdoten aus und ich ziehe nach einer ganzen Weile über das Kottbusser Tor mit Zwischenstopp bei meinem Dönerdealer vorbei –  wir stossen bei einem Glas schwarzen Tee auf den heutigen 68. Geburtstag von Bob Dylan an. Am 24. Mai komme ich früh morgens nach Hause, der Gasthund bekommt noch eine Wurst. Ich bin wieder zu Hause, in Berlin-Tiergarten.

Selbstverliebte VIPs:Danken ohne zu Danken

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Ich sage es frei heraus: Ungeteilte,wohlfeile Freude über 60 Jahre GG kommen bei mir nicht gerade hoch. Eher Übelkeit,wenn ich die selbstverliebte Art und Weise heutiger Würdenträger miterleben muss.

Gestern am Vormittag gab es einen ökumenischen Dankesgottesdienst im Berliner Dom – Protestanten, Katholiken und Orthodoxe Christen bedankten sich beim Herren in der Höhe für 60 Jahre geschenkte Demokratie in der Bundesrepublik – sie wurde von den Alliierten bei hohem Blutzoll ermöglicht, bedankt wird sich aber beim Herren. Das Dritte Reich wurde mit einem Halbsatz von Bischof Huber als dunkle Zeit erwähnt, der Katholik war nicht einmal dazu in der Lage – ungeteilte Freude eben, als ob die Amtskirchen nichts mit dem NS zu tun gehabt hätten Da konnte mir auch die herzergreifende Musik in der preussischen Ketzerkathedrale – es wurden einige Stücke  von Felix Mendelssohn-Bartholdy vortrefflich intoniert –  das Kotzen nicht ersparen.

Die Politiker hatten im Dom nicht das Wort, dafür gaben sie als ausgesuchte Gemeindeglieder salbungsvolle Sätze im Rahmen der ökumenischen Lithurgie von sich. Man dankt eben dem Herren, die Aufarbeitung der dunklen Zeit ist ja ehedem herum gebracht. Offensichtlich sind die Amtskirchen nicht mehr in der Lage, einen Bläserchor zu organisieren, hier hat das Stabschor der Bundeswehr ausgeholfen – musikalisch durchaus kompetent, über die Symbolkraft dieser Musiziererei muss ich aber noch nachdenken.

Der Staatsakt danach war dann in die Hände des amtierenden Bundespräsidenten Horst Köhler gelegt, zu dem ich nicht geladen war. Am Gendarmenmarkt war wenig Volk, die Freude über 60 Jahre GG ist nicht gerade in eine Massenbewegung ausgeartet. Bei Spiel und Masquerade auf dem Platz konnte der gemeine Bürger den Staatsakt über Videoleinwand an der Staatsoper am Gendarmenmarkt mit verfolgen, im TV-Sessel zu Hause ist es aber auch bequem.

Am heutigen Samstag wird ein Bürgerfest mit Infoständen vom 17. Juni bis zum Brandenburger Tor ausgerichtet. Am Brandenburger Tor sind zwei Bühnen aufgebaut, auf denen von Udo Jürgens (der hoffentlich seinen Antiimperialismus zu Hause lässt)  bis Daniel Barenboim ein vielfältiges kulturelles Programm dargeboten wird. Ich werde zu Andre Hermelins Swingdarbietung kommen, er hat letztes Jahr auch zur 60. Jahresfeier des Staates Israel in Berlin-Mitte auf das Beste mit seinem Orchester aufgespielt, ich hoffe auf ein originelles Set.  Die Berliner Swinglegende Coco Schumann als Gastgitarrist wäre z.B. eine nette Überraschung..

Die Linksradikalen aus der Neuen Linken wollen heute auch mitfeiern, sie haben aber etwas anderes als die Nation im Kopf. Ihr Aufmarsch wird ab 17.00 Uhr vom Rosa Luxemburg Platz zum Mauerpark führen. Ob auf dieser Wegstrecke aus einem Dagegensein eine Alternative erwächst, die dem gesellschaftlichen Mainstream alle Chancen rauben wird, bleibt abzuwarten. Den 68ern wurde ja erst kürzlich die Gallionsfigur Benno Ohnesorg weggenommen, sein Mörder war ein Agent der SED-Diktatur. Nicht die Schergen des Kapitalismus haben den 2. Juni begründet, sondern ein Westberliner Polizist mit SED-Parteibuch und IM-Vertrag . Aber man weiss ja nie, ob in den MfS-Akten die Wahrheit abgelegt worden ist, Stalinisten sind immer Meister der Lüge.

Ich danke den Amerikanern für die Westanbindung des Nachkriegsdeutschlands, die Väter des GG  haben für meine Begriffe mit dem christlichen Impetus kein sinnvolles Gegengewicht zum vorangegangenen NS implementiert und die Trennung von Staat und Religion ist bis heute immer noch nicht vollzogen. Die Aufarbeitung der NS-Diktatur war schäbig, an der Aufarbeitung der DDR-Diktatur wird das ebenfalls deutlich. Eine betrübliche deutsche Eigenschaft.

Eine säkulare, liberale Gesellschaft wäre mein Favorit. Ich kann noch etwas warten.

references:
Bundespräsident Köhlers Rede
Im Fuchsbau geht es optimistischer zu

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May 23, 2009 at 8:09 am

Im Mai

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Es ist Frühling in Berlin,seit gut zwei Wochen ein blauer Himmel wie auf Zypern – im märkischen Wald soll man wegen der Brandgefahr nicht rauchen oder grillen,aber ich hänge sowieso nur in der Stadt ab. Der Trubel um den 1. Mai hat mich in diesem Jahr nicht berührt – vor ein paar Jahren kamen noch Krawalltouristen zur Protestsimulatin oder Befriedigung der Schaulust aus aller Welt auf Besuch zu mir. Meine Liberalismusforschungen scheinen diesen Teil meines Bekanntschaftskreises zur Umdisponierung motiviert zu haben, ein in der Scholastik bewanderter Theologe wäre mir derzeitig ehrlich gesagt  auch hilfreicher.

An diesem Wochenende treffen sich die liberal-libertären Protagonisten der FDP in Berlin-Dahlem,mir fehlt leider die Muse,die mich über Stunden aus der Mitte an den Stadtrand entlassen möchte – der Vortrag “Freie Bildung” von Stefan Blankertz scheint mit aber ein interessanter Input zu sein. —> Humor-Provo.

Im Rahmen der Überlegungen zum sog. “Tag der Arbeit” in 2009 kam mir wieder der ideologische Terror der protestantischen Ethik von Olle Max Weber in den Kopf, die soviel Versager (Arbeitslose) in einer modernen Gesellschaft zu betreuen trachtet – die Sozialisten knüpfen ideologisch direkt daran an. Im Gerede um die Krise wurde diese Ethik nun auch häufiger für die Manager der Hochfinanz populistisch angemahnt. Lord Dahrendorf hält deren Umsetzung aber für äusserst fraglich, nachlesbar in seinem Essay “Nach der Krise: Zurück zur protestantischen Ethik? Sechs Anmerkungen” (HATTIP), den er pünktlich zu seinem achtzigsten Geburtstag in der Presse platzierte.

Erst an diesem Wochenende kam ich dazu,die Texte eines Kolloquiums aus dem Februar 09 über “Kolonialismus und Nationalsozialismus. Die Debatte um (Dis-)Kontinuitäten” zu sichten. Dort ging es um den Zankapfel unter den Historikern, welche Bedeutung der (deutsche) Kolonialismus für den Nationalsozialismus hatte? Die Leute von der iz3w – ein linkes Zeitungsprojekt,das ich immer noch mit Interesse verfolge – haben einiges an Sachverstand in Freiburg versammelt,um den Diskurs in den Fussstapfen der Kritischen Theorie zu beleben – beim iz3w wird übrigens auch die Stelle der Geschäftsführung neu besetzt. Ob eine Bewerbung noch erfolgreich sein kann? Deadline war jedenfalls der 15. April,aber man weiss ja nie.

Die Neuigkeit im Mai 2009: Der Schriftsteller Walter Kempowski,er wäre nun 80 Jahre alt geworden,hat in der Nachkriegszeit doch für den US-Geheimdienst gearbeitet,so,wie es sich für einen aufrichtigen Antikommunisten schickt (link). Für Stalinos war also die Einknastung für 8 Jahre in Bautzen nun objektiv rechtmässig und man kann wieder CIA,CIA vor sich her raunen. Folkloristische Abgesänge auf einen Unrechtsstaat durch die Schnabeltasse der Volkssolidarität,wenn nur deren junge Erben nicht wieder nach der Macht greifen würden.

Einen sonnigen Mai und ich will endlich Sommer 😉

PS: Meine musikalische Neuentdeckung ist Katie Melua,eine georgisch-englische Sängerin.

references:
Kempowski Dossier bei spon

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May 2, 2009 at 10:15 pm

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March 18, 2009 at 11:12 pm

Wolfsrudel im ZDF

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Nun ist der neueste Coup im  Erinnerungsdiskurs auch wieder bei Kreti und Pleti angekommen. Im ZDF kommt heute nach dem Bergdoktor der erste Teil des Dreiteilers “Die Wölfe”.  Eine Telenovela, historisch angesiedelt zwischen dem Ableben von Blondie und dem  Mauerfall. Von der Trümmerjugend zum vereinigten Vaterland in 1990.

references:
Karin war vom 1. Teil schon begeistert

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January 29, 2009 at 9:07 pm

Mumbai,Bombay,Mumbai. Städtenamen.

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Nach den verheerenden Anschlägen in Mumbai, deren antisemitischer Charakter durch die Folterungen und Ermordungen der Bewohner des jüdischen Zentrums unzweifelhaft in das Relief der islamistischen Geschichtsschreibung Asiens gemeisselt wurde, kam durch dieses Massaker auch bei dem letzten Hinterweltler die Umbenennung der Stadt Bombay in Mumbai an – ein zu hoher Preis für Allgemeinbildung,wie mir scheint.

Einige interessante Überlegungen zur “neuen”  Namensgebung der indischen Metropole sind bei Gedankensolo abgelegt. Mumbai ist der vorkoloniale Name dieser Stadt gewesen,wir haben es also mit einer Rückbenennung zu tun, Ich habe zwei Haltungen zur Namensgebung der Stadt aus dem Netz gefischt. Bei Wikipedia.de wird der Sachverhalt so beschrieben:

Der Name der Stadt

Seit Beginn der Kolonialisierung Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die Stadt als Bombay bekannt. Der Name Bombay leitet sich von der portugiesischen Bezeichnung „Bom Bahia“ (Gute Bucht) und der späteren Abwandlung „Bombaim“ her.[3] Der Name Mumbai wird angeblich von der örtlichen Bevölkerung schon genauso lange verwendet und der regionalen Hindu-Göttin Mumbadevi zugeschrieben. Am 4. Mai 1995 beschloss die Regierung Maharashtras, dessen Hauptstadt Bombay seit der Gründung des Bundesstaates am 1. Mai 1960 ist, die Umbenennung der Stadt in Mumbai. Die Namensänderung wurde vom indischen Parlament 1997 bestätigt. Inder verschiedener Muttersprachen in Mumbai, die oft ohnehin auf Englisch kommunizieren, verwenden Mumbai und Bombay nebeneinander. Auch öffentliche Einrichtungen wie etwa die Börse, der Gerichtshof und die technische Eliteuniversität IIT tragen weiterhin Bombay in ihrem Namen.[4]

Auf der offiziellen Homepage der Stadt ist heute folgendes Selbstverständnis zur Namensgeschichte Mumbais abgelegt:

The Municipal Corporation of Greater Mumbai

Mumbai has lived up to the reputation for which it was established. It is a city built by the residents of the city. Mumbai is more than a cosmopolitan made of concrete buildings.
Mumbai was given by Portuguese as dowry to Charles II of England when he married Catherine. The group of seven islands was leased to the East India Company who offered freedom of business and religion to persons who came and settled here. Initially a few Parsis and Gujarati came but soon a sizeable population began to thrive here.
This was way back in the 17th century. Today also Mumbai is a city of migrants. People from all over the country have come and settled here. This gives the society of Mumbai a multi-lingual and multi-cultural colour.
In the 18th century Mumbai grew rapidly and it also became one of the leading centers for the activists in the freedom struggle. Britishers played their role by shifting the presidency from Surat to Bombay, the former name of Mumbai. Also, the first railway line on which train moved was laid between Bombay and Thane.
Bombay played a formative role in shaping the freedom struggle. It hosted the first Indian National Congress and was also a venue for the declaration of ‘Quit India’ by Gandhiji. Today Mumbai is the capital of Maharashtra. Bombay was re-named as Mumbai in 1996.
Skyline It is a city which never sleeps, its streets are never empty. The factories and mills of operate day and night to meet the growing demands, their efforts has made Mumbai the commercial capital of India.
The marvelous natural port of Mumbai is fit for handling an ever expanding world trade. The city situated on the edge of Arabian sea has some thing or other to offer to everybody but one has to struggle to achieve that and one who is left behind parishes in the race of life in Mumbai with no one to care for.
For decades the city has attracted migrants who come here to earn bread, many fail and those who survive are absorbed in the pace of Mumbai.

Mir scheint,die Offiziellen in Mumbai haben kein grosses Problem damit,die Kolonialgeschichte ihrer Stadt als historische Faktensammlung hinzunehmen und das Beste daraus zu machen.

Berlin ist ja dankenswerter Weise nicht in Germania umbenannt worden.  Props an die Alliierten der Anti-Hiltler Koalition!!!

Auch die realsozialistischen Seitenhiebe der DDR-SED – sie nannte Berlin ja ganz offiziell “Hauptstsadt der DDR” – ein Namens- und Ortsrecht, das den Westdeutschen von 1947 bis 1990 verwehrt blieb – mit ihrer Hauptstadtnamensgebung führten nicht zu einer Namensdebatte: Berlin blieb Berlin. Ganz anders war die Situation für Strassen- und Plätzenamen im Ostteil der Frontstadt, hier wurde in extremer Weise umbenannt. Die Erinnerungskultur der SED sollte sichtbar aus den Stadtplänen der Nachwendezeit verbannt werden. Berliner  Stadtpläne aus der Zeit der DDR haben seitdem historischen Wert, vergleichbar mit Seekarten aus dem 16. Jahrhundert. Wie es um die Strassennamensgebungen in anderen ex-DDR-Metropolen bestellt ist,weiss ich leider nicht.

Ein deutsches postkoloniales Überbleibsel in der Strassennamensgebung Berlins gibt es allerdings noch. Es reicht thematisch in die Kaiserzeiten Wilhelms zurück. Die Kolonisierungen Deutsch-Südwestafrika (Namibia) und Deutsch-Ostafrika (Tansania) finden sich bis heute in Strassennamen wieder, im “Afrikanischen Viertel” im Wedding ist z.B. eine Strasse nach dem Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz benannt, der die vertraglichen Vorarbeiten (Lüderitzbucht) zur Erschliessung Afrikas (des heutigen Namibias) für die kolonialen Interessen Wilhelms mit leistete – böse Zungen behaupten, er habe dem Häuptling der Nama den Landstrich für ‘nen Appel und ‘nen Ei ( 100 Pfund in Gold und 200 Gewehre ) abgeluchst. Nach ihm ist im Wedding bis heute eine Strasse benannt.

Für den Völkermord an den Hereros hat sich die “Rote Heidi” vor einiger Zeit als Bundesministerin entschuldigt, Knete gibt es aber wegen des Völkerrechts trotzdem keine.

Und morgen kommt der Weihnachtsmann: Alle sollten schön brav die Stiefel herausstellen.

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December 5, 2008 at 12:15 pm

Väter der Klamotte

Über die RAF zu parlieren wäre reine Sauerstoffverschwendung – Zettel hat in gebotener, aufklärerischer Knappheit den Zielen der RAF einige Zeilen gewidmet. Die Nähe der SED-Nachfolgerinnen zu ihren Destabilisierungsfusstruppen westlich des Eisernen Vorhangs ist mittlerweile eine zeitgeschichtliche Fussnote,die dem Erfolg der Neosozialisten keinen Abbruch antut.Ähnlich zur StaSi wird auch die RAF von den Kadern erfolgreich nach aussen ausgesessen, man lässt sich von ihnen sogar weiterhin gerne anschreiben und besuchen. Und ins “BE” kann der bauchlinke Sodann-Fan nun ab Januar mit noch mehr Siegesgewissheit gehen,schiebt dort doch ein Held und Märtyrer linker Revolutionspraxis demnächst die Kulissen hin und her.

Die Attentäter, resp. der Mörder/die Mörderin von Michael Bubacks Vater ist immer noch nicht ermittelt worden. Spätestens im Erinnerungsgedränge um den “heissen Herbst 1977” letztes Jahr ist dieses Aufklärungsinteresse zur Fussnote erklärt und abgelegt worden. Nun kommt Christian Klar auf Bewährung frei – am 3. Januar 2009, pünktlich zum 89. Geburtstag von Siegfried Buback und das ist eine weitere, bestimmt rein zufällige Geschmacklosigkeit bundesdeutschen Justizgebarens. Selbst dem ZDF fällt auf, es gibt Kritik an der Freilassung des mehrfachen RAF-Mörders, en passant werden noch die anderen Mordopfer mitgeliefert, sowie eine Anzahl von Empörten.

der-zweite-tod-meines-vaters-2008Ich empfehle das frische Buch “Der zweite Tod meines Vaters” von Michael Buback.

Oder noch besser wäre die Teilnahme an einer seiner Buchlesungen , z.B. am 27.11. im Bürgerhaus zu Bovenden um halb Acht oder am 09.12. in Ettlingen. Man sollte dem Mann zuhören,solange er noch die Kraft hat, all die Justizklamotten zu berichten,die ihm seit Herbst 1977 – neben den massigen Verbalinjurien von links – widerfahren sind.

Ein Mensch kann tatsächlich zwei Mal ermordet werden: Durch die Täter mit der Knarre und danach durch eine Gesellschaft samt ihrer Institutionen,die der Ermittlung der Wahrheit nichts abgewinnen wollen. Noch peinlicher wird es,wenn die SED-Nachfolger, die Proteges und Auftraggeber der RAF, Regierungsverantwortung beanspruchen sollten. Im Januar 2009 kommt Herr Klar frei,im Herbst dräut Rot-Rot-Grün im Reichstag. Eine ganz miese, politsymbolische Show.

references:
Isolationshaft, Beugehaft und die Schwierigkeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen
Berliner Ensemble immer authentischer: Bald mit echtem Massenmörder
Christian Klar lebt von euckenserbe
Talkshows? Zeitzeuge? Dokus? Keine Klarheit mit Klar von NuB
Rudolf Hess war’s nicht

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November 24, 2008 at 8:02 pm

9. November in Berlin

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Gedenktage sind in den hiesigen Breiten willkommene Anlässe,auf geschichtliche Ereignisse aufmerksam zu machen. Der heutige Tag  war gleich doppelt mit Erinnerungskultur behaftet.

Im Rahmen der nazistischen Kristallnacht vom 9. November 1938 wird beispielsweise seit Anfang der 90er Jahre in Moabit im Rahmen einer Kundgebung am Deportationsmahnmal Levetzowstrasse und der sich anschliessenden  Demonstration zum Mahnmal an der Putzlitzbrücke an die Reichspogromnacht der Nazis erinnert. Die Veranstalter von der AIM setzen dabei auf lebende Zeitzeugen,die aus den dreissiger und vierziger Jahren persönlich Bericht erstatten können – gerade für jüngere Leute ist das immer wieder ein sehr berührender Einstieg in die Befassung mit der Shoah und dem 3. Reich.Um die 350 Leute haben sich auch 2008 an diesem Ort eingefunden. Wie dieses Konzept nach dem Ableben der Zeitzeugen weiter entwickelt werden kann,ist auch den Veranstalterinnen rätselhaft,sie blicken mit einer gehörigen Portion Fatalismus auf die Zeit nach den Zeitzeugen – eine Unvermeidlichkeit solte inhaltlich pragmatisch gelöst werden. Kritisch anzumerken ist,dass die Erinnerung an die toten Juden und die zum Glück davongekommenen Zeitzeugen nur die halbe Wahrheit über den aktuellen Antisemitismus aussagt. Vor aller Welt bedroht das Mullahregime im Iran heute lebende Juden in Israel,auf der Kundgebung in Moabit wurde das Existenzrecht Israels zwar verteidigt – Hans Coppi hat das in seinem Redebeitrag explizit ausgedrückt – zur allgemeinen Verteidigung israels hat es auf der heutigen Kundgebung aber doch in der Linken wieder nicht hingereicht. Man erträumt sich immer noch in ein friedensbewegtes Bündnis aus Israelis und Palästinensern,das politisch und gesellschaftlich im mittleren Osten keine praktischen Entsprechungen hat.Es handelt sich bestenfalls um ein idealistisches Hirngespinst,das täglich von Quassamraketen aus Gaza ad absurdum geführt wird.

Um die 2000 christlich motivierte Erinnerungsgänger sind heute durch Mitte gelaufen,um an die Reichspogromnacht zu erinnern. Auch die Amtskirchen tragen schwer an ihrer Last aus Erinnerung und Verantwortung für die Shoah. Möglich gemacht hat sie aber das gesamte deutsche Volk,indem es Hitler in 1933 mit der Macht beauftragte. Die heute aus der Zivilgesellschaft sich noch verantwortlich fühlenden Rackets sind eher schamhafte Feigenblätter,wenn man die skandalöse Doppelbödigjeit deutscher Aussenpolitik gegenüber Israel in Anschlag bringt. Eine Diskussion,die hier leider noch nicht geführt wird. Wenn Iran sein Auslöschungsprogramm durchgeführt hat,ist es übrigens zu spät,genauso, wie es nach 1933 hier zu spät war.

Von den Gedenkritualen der Parteien möchte ich lieber schweigen,sie langweilen mich schon seit Jahren.

Kein Gedenktag ohne Konkurrenzveranstaltung. Am 09. November 1989 hat ein führender SED-Politiker die Mauer für durchlöchert erklärt – es war der Schabowski – viele Ossis kamen nach 1961 erstmalig wieder ohne Schiessbefehl und Selbstschussanlagen lebendig nach Westberlin herein. Gemeinhin wird dieser Tag in Berlin als Wiedervereinigungstag betrachtet – und nicht dieser 03. Oktober ein Jahr später,an dem ein Papierfetzen unterschrieben wurde,der die Überleitung des SED-Volkseigentums incl. Bevölk in die Bundesrepublik regelte.

references
Der 9. November :Ein Schicksalstag der Deutschen im 20 Jahrhundert
Der letzte Mauertote 1989
Revolutionäre Gymnastik
kurz notiert

Written by admin

November 9, 2008 at 9:59 pm

kurz notiert

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  1. Ende Oktober 2008 ist der Guerilla-Journalist Studs Terkel gestorben,einen Nachruf gibt es hier + hier und hier etwas Presseecho. R.I.P.
  2. Wenn Homos ideologisch in Sippenhaft genommen werden,kommt nur Stuss dabei heraus.Adrian hat sich das Thema aus aktuellem Anlass von Migrantengewalt gegen Homos genauer vorgenommen.
  3. Die Versetzung des Israelkritkers Ludwig W. sorgt für späten Protest: Aufstand in der Reha-Klinik
  4. In Sachen Überwachungsstaat sind die britischen Sozialdemokraten (New Labour) ganz vorne dabei,mehr Infos gibt es bei Jan Filter.
  5. Die FREE KAREEM!-Kundgebung an der ägyptischen Botschaft Berlin für den immer noch inhaftierten Blogger ist bei FDOG mit Videomaterial unterlegt, Die weltweiten Unterstützungskampagnen sind bei FREEKAREEM.ORG gelistet.
  6. Wolf Biermann hat gestern endlich sein Diplom für das Fach Philosophie von der HU-Berlin erhalten,obendrauf gab es auch noch einen Dr.h.c..  Biermann war von 1955 bis 1957  im Fach Politische Ökonomie eingeschrieben und von 1959 bis 1963 in Philosophie und Mathematik,dann wurde er der SED zu unbequem,ihm blieben die Gitarre,seine Stimme und seine Freunde. (#)
  7. Egotronicparties sind aus unterschiedlichen Gründen interessant,man trifft sich eben dort und das Thema Marktwirtschaft vs. Raubkopieren (#) kam schon im Vorfeld  zu seinem Stellenwert.

Termine:

  • Der Gedenkmarsch zur Reichspogromnacht 1938 durch Berlin-Moabit am Sonntag, 09. November 2008 ab 14 Uhr am Mahnmal Levetzowstraße/Jagowstrasse – nach der Kundgebung geht es wieder zur Putlitzbrücke am S-Westhafen. Ein Nationalliberaler meinte zu mir, “dieser Schuldkult gehe ihm auf die Nerven”,ich habe ihn zur NPD zum sich weiter ausheulen geschickt. Folge:meiner Intoleranz ist wohl ein Gesprächspartner weniger in der Frontstadt. Kurzum:Umfeldverkleinerung,denn “small is beautful”. Broder mag den dt. Betroffenheitskult nicht mehr ertragen. Gideons Gedanken: Nie wieder 9.November 1938!!! Und überhaupt,die eigentlichen Juden des 21. Jahrhunderts sind ja wohl die Anthroposophen. Moabit Demo-UPDATE: Dämlicher Zivibulle von Antifa verkloppt – Berichterstattungsvarianten  I II .
  • Am Sonnabend  15.11.08 / ~21:00  gibt es wieder einen polnischen Abend im Club49 in der Ohlauer-31 mit Helga.

Lesestoff
Lily E. Kay: Das Buch des Lebens, suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1746,Frankfurt a.M. 2005
– Das Libertäre Manifest von Stefan Blankertz kann online via Freiheitsfabrik gelesen/herunter geladen werden.

Personalikonen

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Personenkult ist mir fremd. Es gibt aber Personen, an deren Vita bestimmte zeitgeschichtliche Phänomene nachvollziehbarer werden. Und wenn Dokumente erhalten gebleiben sind,ergibt sich vielleicht auch ein aussagekräftiges personales Bild über eine künstlerische Ikonographie hinaus.

Richard Wagner möchte dem deutschen Reigen über die Avantgardistin Romy Schneider nicht folgen,leider hat er auch nur Magda Schneiders PR-Konzept von der Sissi als Alternative zur Projektion anzubieten: Sissi in Paris. Im Mai letzten Jahres war ihr 25. Todestag, dazu meine Jubiläumsgedanken. Ich gebe gerne meine Sensitivtät für das Tragische in der Welt zu.

Wolf Biermann öffnet sich nun auch endlich dem WWW, er hat seine Homepage ins Netz gestellt – oder sein Verlag hat ihn dazu genötigt / überredet. Der virtuelle  Streitraum wird so um einen wackeren Streitaxtträger erweitert. Zum 70. Jahrestag im November 2006 gab es meine Hommage für den wandelbaren Künstler “Wolf Biermann ist 70″ , gut ein Jahr später kam das unseelige Havemann-Buch von Robert Havemanns Sohn ( und Radaubruder für die DDR-Dissidentenszene ) Flori Have auf den Markt – und entschwand auch sogleich wieder vom eben solchen. Übrig blieben aber einige unbeantwortete Fragen an Wolf Biermann. An den Stellen des Schweigens entzündet sich ja oft so mancher Zweifel und Zwist – das späte Gift des MfS ?

Written by admin

September 23, 2008 at 11:21 am